Donnerstag, 30. Dezember 2010

In aller Munde

Lieber Heiliger Bischof Gellert!

Die Mundkommunion ist wieder in aller Munde. Im Petersdom soll es in Zukunft bei Hl. Messen mit dem Papst nur noch die Mundkommunion geben. Für mich ist das durchaus verständlich: Wenn es überhaupt Bilder von hohen Festtagen im Fernsehen gibt, dann zeigen sie meistens die Liturgie mit dem Papst. Alle Fernsehkameras richten sich auf ihn. Und für viele der Zuschauer ist das, was sie da kurz über ihren Bildschirm flimmern sehen, mit Sicherheit fremd. Es ist nur ein kurzer Augenblick, in dem sie sehen, wie Katholiken Gottesdienst feiern. In diesem kurzen Augenblick muss das zentrale Ereignis, die heilige Kommunion als die innigste Verbindung mit Christus und der Kirche, auch als heiliger Moment erkennbar sein. Man kann subjektiv auf die eine oder andere Weise die Hl. Kommunion empfangen, jedoch die nach außen hin objektiv würdigere Form ist sicherlich die Mundkommunion. Sie berührt, hinterlässt einen tiefen Eindruck: Erwachsene machen sich klein, gehen auf die Knie, handeln im wahrsten Sinne des Wortes nicht selber, nicht mit eigener Hand, sondern lassen sich aus der Hand des Geistlichen die Hl. Kommunion in den Mund legen. Wie gesagt: Es geht nicht um die subjektive Einstellung zur Kommunion. Aus der äußeren Form darf man keine wertenden Schlüsse auf die innere Disposition ziehen. Daher kann ich verstehen, wenn sich mancher Handkommunionempfänger entschieden gegen eine solche Bewertung wehrt, die ihm mangelnde Ehrfurcht vor der Realpräsenz Jesu Christi unterstellt.
Aber die kniende Mundkommunion wirkt nach außen anders, als die Kommunion auf die Hand. In meinen Augen würdiger, deutlicher als Signal: Hier geschieht etwas Heiliges.

In unseren Gemeinden ist inzwischen beides möglich und der kirchenpolitische Druck ist entwichen - zumindest hört man nichts mehr darüber. Das letzte kleinere Erdbeben löste der Diakon aus, als ich mich nämlich eines Sonntags für alle völlig unerwartet und überraschend am Altar zur Kommunion kniete und den Leib Christie als Mundkommunion empfing. Das war selbst für meinen Pfarrer überraschend.

Die Reaktionen waren gemischt: So manchem ging das Herz auf und so manche, die schon lange zur Mundkommunion gingen, freuten sich, dass es nun an so zentraler Stelle, direkt neben dem Altar einen Geistlichen gibt, der ebenfalls die Mundkommunion empfing. Und genau das war für andere eine Provokation: Solange das ja nur ein paar am Anfang der Kommunionschlange machen, wo es nicht von der ganzen Gemeinde gesehen wird, war das ja noch in Ordnung. Aber dass der Diakon öffentlich, vor allen Augen, am Altar - das ging manchem zu weit.
Was mich bis heute erschreckt: Diejenigen, denen das zu weit ging, haben mich nie nach meinem Motiv gefragt. Diejenigen, die die Mundkommunion praktizierten, mussten mich erst gar nicht fragen.

Warum also? Warum macht ein ehemaliger Gemeindereferent, ein Diakon in den besten nachkonziliaren Jahren, ausgebildet an liberaler Stelle, warum macht der eine Rolle rückwärts?

Weil es genau das Gegenteil für mich ist: Eine Rolle, ja, ein Salto nach vorne. Es ist der Abschied von der Vorstellung der Messe als eine bloße Versammlung aller irgendwie Christgläubigen um dem Altar zur Stärkung und zum Ausdruck der Gemeinschaft. Es ist die Abkehr von der Eucharistie als bloßes Symbol und als Zeichen. Es ist die neue Hinwendung von der Messe zur Heiligen Messe, vom Abendmahl zum Opfermahl. Es ist ein tieferes Eintauchen in das, was dort auf dem Altar geschieht. Und je tiefer ich das verstehe, um so weiter entferne ich mich von der Vorstellung eines kumpelhaften Jesus, der mit mir das Brot teilt. Um so offener werde ich für das Geheimnis des Altares, z.b. auch dafür, dass die Hl. Messe etwas mit Schuld, Sünde und Opfer zu tun hat.

Vielleicht muss man ein gewisses Alter überschritten haben, um ehrlich genug zu sich selber sein zu können, um zuzugeben, dass man selber tagtäglich hinter dem zurückbleibt, was Gott uns an Möglichkeiten geschenkt hat. Es sind nicht allein die großen Sünden, die uns umbringen, denn über diese stolpern wir. Sie sind offenbar und wir können sie nicht vor uns verbergen. Es sind vielmehr noch die kleinen Lieblosigkeiten des Alltags, unser Selbstbetrug, unsere Schwäche - nichts Großes, aber dennoch verletzend, nicht tagtäglich, aber doch immer wieder. Wenn Christus sich am Kreuz für unsere Sünden geopfert hat, dann muss ich zugeben, dass ich nicht ganz so unschuldig bin, wie ich mir das selber vielleicht immer wieder mal einrede.

Dass ich trotzdem jeden Sonntag als Diakon am Altar stehen, die Hl. Kommunion empfangen darf, das ist es, was mich in Ehrfurcht auf die Knie gehen lässt. Und dass mein Pfarrer mir inzwischen die Kommunion mit der lateinischen Formel spendet (Der Leib unseres Herrn Jesus Christus bewahre deine Seele zum ewigen Leben) ist mir nicht verborgen geblieben, entspricht auch meinem "gewandelten" Verständnis: es geht nicht nur um eine Feier, die "mir was bringt", es geht um das ewige Leben und um die Seele.
Das alles mögen natürlich Gedanken sein, die man auch als Handkommunionempfänger nachvollziehen und mittragen kann, von daher möchte ich niemandem die Ehrfurcht, den Respekt und den gläubigen Zugang zur Kommunion absprechen. Für mich persönlich hat es aber zu einem anderen Umgang mit der Kommunion geführt.

Lieber Bischof Gellert, für dich waren das alles noch alltägliche Begriffe: Opfer, Sünde, Schuld, Seele und das ewige Leben. Die Heilige Messe war für dich und deine Zeitgenossen vielleicht viel heiliger, als sie manchen von uns heutzutage ist. Das Heilige ist uns nicht abhanden gekommen, wohl aber ist das Verständnis und Gespür dafür auf der Strecke geblieben. Dass wir das wieder neu entdecken, ist das Anliegen unseres Papstes, ganz gleich, ob wir die Kommunion mit der Hand oder in den Mund empfangen. Dazu benötigen wir himmlischen Beistand auf unseren allzu irdischen Wegen, darum: St. Gellert, hilf!

Dienstag, 28. Dezember 2010

Unschuldige Kinder

Lieber Hl. Bischof Gellert!
Vor mir liegen einige Briefumschläge: Ich hatte vor den Ferien den Schülern im siebten Schuljahr ein besonderes „Geschenk“ angeboten: Wer wollte, durfte seine Anliegen, Sorgen und Frust auf einen Zettel schreiben, diesen in den Briefumschlag legen und mir wieder zurückgeben – und nur wer es ausdrücklich wollte, konnte auch seinen Namen dazu schreiben. Ich habe den Schülern gesagt, dass ich ihre Briefe lesen werde und den Inhalt mit an den Altar und ins Gebet nehmen werde. Verschwiegenheit war natürlich garantiert.
Einige Briefe kamen zurück Was mich erschreckt: Manche Kinder werden mit heftigsten Sorgen belastet, erfahren schon in jungen Jahren, wie hart das Leben sein kann. Da ist von der Kindheit nicht mehr viel übrig. Ebenso erschreckend: Viele haben geschrieben, wie gut es ihnen tat, einfach mal über den Ärger, die Sorgen und den Frust schreiben zu dürfen.

Am heutigen Fest der Unschuldigen Kinder gedenken wir der Kinder von Bethlehem, die Herodes ermorden ließ, weil er um seinen Einfluss und seine Macht fürchtet. Es war ein politischer Mord, ein Töten im Auftrag des Staates und vielleicht mag sich so mancher sogar eingeredet haben, das Verbrechen sei aus Gründen der Staatsräson notwendig gewesen. Heute denken wir am Fest der Unschuldigen Kinder an die Kinder, die weltweit von Krieg und Not betroffen sind. Wir denken auch an diejenigen, denen das Leben noch im Mutterleib genommen oder von Anfang an verweigert wird.
Aber ich denke auch an die Kinder um mich herum: Ich denke an die vermeintliche Staatsräson, die Politik, die Kindern in unserem Land so viel Unrecht zufügt. Familie war gestern, heute gibt es nur noch die Mutter, die ihr Kind in einer Krippe unterbringen soll/muss, den Vater, der eigentlich kaum noch Zeit für seine Vaterrolle hat, weil alles wirtschaftlichen Interessen untergeordnet wird. Wir lügen uns in die eigene Tasche: Unser politisches Bestreben nach mehr Ganztagsschule beruht nicht auf pädagogischer Vernunft, ist – sicherlich eine gewagte These – nicht Bildungs-, sondern Wirtschaftspolitik. Kinder sind unsere Zukunft, aber zwischen 8 und 18.00 Uhr sind sie vor allem eines: Ein Störfaktor. Sie behindern die Berufstätigkeit. Der Staat verstaatlicht die Kinder zunehmend, legt ihnen einen täglichen Stundenplan auf ihre Schultern, eine Arbeitsbelastung, bei der wir Erwachsene die Gewerkschaft einschalten würden. Wer die Alternative zu leben versucht, gilt als krasser Außenseiter, als ewig Gestriger und – im Falle der Frau – als Unerlöste, Nicht-Selbstverwirklichte, als Heimchen am Herd, das allenfalls noch auf eine „Herdprämie“ hoffen darf. Es gab diese ganze Diskussion schon einmal. Damals war der Augsburger Bischof der einzige, der sich aus dem Fenster lehnte und eine Lanze für die Eltern (insbesondere) Mütter brach, die ihre Kinder nicht ganz und gar der Schule bzw. den Staat überlassen wollen. Erfolglos. Es ist still geworden um das Thema. In meinem Umfeld werde so manche junge Eltern nachdenklich: Ist das, was man nachmittags, wenn man müde von der Arbeit kommt, was man zwischen 17.00 Uhr und der Gute-Nacht-Geschichte erlebt, ist das noch Familie? Das ist weder qualitativ, noch quantitativ hochwertige Familienzeit. Es ist einfach nur noch der müde Ausklang eines langen Tages.
Unschuldige Kinder. Gewiss: Wir sind nicht Herodes, trachten ihnen nicht nach dem Leben. Aber unsere Gesellschaft ist nicht unschuldig am Werden unserer Kinder: Wir verstaatlichen sie, weil wir ihre Eltern schon längst im Bruttosozialprodukt eingeplant haben. Und indem wir sie verstaatlichen, nehmen wir ihnen das, was sie eigentlich am dringendsten für ihre Entwicklung bräuchten: Ein verlässliches, stabiles Zuhause. Um es noch deutlicher zu sagen: Das Nest, die Geborgenheit, die gesunde Basis. Keine Schule kann das mit noch so vielen Lehrkräften ersetzen – und ich als Vater wollte das auch nicht. Ich möchte mit ihnen die Welt entdecken, Werte diskutieren, ihnen Glauben vorleben – kurzum: mit ihnen und nicht neben ihnen leben.
Mag sein, dass ich hier von Idealen schwärme, die in unseren Familien gar nicht mehr gelebt werden, weil viele es gar nicht können und viele auch schon längst aufgegeben haben. Noch einmal zurück zu den Briefen: Mit ihren Sorgen, Anliegen und Nöten sind sie nur ein Mosaikstein im Leben meiner Schüler. Und vieles weiß ich natürlich auch gar nicht. Aber das wenige, das ich zu wissen glaube, erfahren und erleben darf, lässt mich zu dem Schluss kommen: Sie wünschen sich nichts sehnlicher, als den Frieden zuhause, die Geborgenheit, die heile Familie.
Es sollte uns zu denken geben, dass das Fest der Heiligen Familie und das Fest der Unschuldigen Kinder so nahe beieinander liegen. Heute sind sie näher denn je zuvor, sind auf ganz tiefe Weise miteinander verwoben. Für unsere Familien, besonders für diejenigen, die Tag für Tag Familie gegen alle Bedrängnisse leben, für unsere Kinder und ihre Sorgen, besonders für meine Schüler schicke ich ein Stoßgebet zum Himmel: St. Gellert, hilf! 

Sonntag, 26. Dezember 2010

Trommler











Lieber Heiliger Bischof Gellert!

Wenn man in Deutschland vom Trommler spricht, so denkt der historisch nicht ganz uninteressierte Hörer wahrscheinlich an jenen Mann, dessen Name für die dunkelste Zeit unserer deutschen Geschichte steht: Adolf Hitler sah sich als Trommler der nationalistischen Verbände, als Trommler zum Aufbruch in eine neue Zeit hinein – eine Zeit, die schließlich millionenfaches Unglück über die Welt brachte. Dir, lieber St. Gellert, blieb diese Zeit glücklicherweise erspart – so wie mir auch.

Heute morgen musste ich  an einen Trommler denken: In unserer Krippe steht der kleine Hirte mit seiner Flöte (?). Für erfahrene Eltern mag dieses Bild seltsam erscheinen: Im Umfeld eines Babys wünscht man sich Ruhe und Stille – eben die stille Nacht, in der das Kind dann (endlich) schläft. Jetzt bitte bloß nicht zur Flöte greifen, sonst ist es vorbei mit der himmlischen Ruhe!
Und da fiel mir der Trommler ein: Nicht der mit dem braunen Hemd und den schlimmen Parolen, sondern der kleine Trommler aus dem bekannten Weihnachtslied: Alle kommen zur Krippe und jeder bringt ein Geschenk mit. Aber weil der kleine Junge kein Geschenk hat, tut er das einzige, was er kann: Er schlägt für das Kind die Trommel.

Zweierlei fasziniert mich daran: Das Kind schenkt nichts, was es hat, sondern schenkt diesem Jesus das, was es kann: Ein Trommelwirbel, ein Solo für einen König. Aber es schenkt noch mehr: Das Kind schlägt nicht einfach die Trommel, es schlägt die Trommel für diesen Jesus. Es wird zum Trommler für den Herrn. 

Lieber Gellert, seit 2000 Jahren verkünden wir die Geburt des göttlichen Kindes, jeder auf seine bescheidene und einfache Art. Wir sind Trommler für den König der Welt, um die Menschen um seine Krippe herum zu sammeln. Es gibt so viele, die in unserer Zeit für alles und jeden laut auf die Pauke hauen, die sich mit Pauken und Trompeten Aufmerksamkeit verschaffen, kräftig für alles mögliche die Werbetrommel rühren und sich schließlich mit einem Trommelwirbel verabschieden. 
Wir jedoch trommeln sanft, wir trommeln leise. Und vor allem: Wir trommeln nicht für uns, sondern für unseren Herrn. Jeder mit seinem eigenen Takt und eigenen Rhythmus, mal laut, mal leise, mal kräftig und manchmal auch nur ganz schwach. Dass wir nie ganz aus dem Takt kommen, dazu schicke ich mein Gebet zum Himmel: St. Gellert, hilf!

Video: Celtic Woman - Little Drummer Boy

Veni redemptor gentium
Ostende partum Virginis
Miretur omne saculum
Talis decet partus Deum
Puer natus est nobis
Filius est datus nobis

Du Heiland aller Völker, komm
und zeig dich als der Jungfrau Sohn
dass Staunen fasse alle Welt
ob solchem Wunder der Geburt.








Donnerstag, 23. Dezember 2010

Puer natus, puer donatus est:

Ich habe ihm unrecht getan: Eigentlich sollte ich ihn kennen, schon von Kindesbeinen an. Jahrelang habe ich mich nicht getraut, ihn zu fragen. Wo immer wir uns trafen, durfte ich ihn und seine Frau als Menschen erleben, die sich klein machen konnten, auf Augenhöhe mit unseren Kindern gingen und sich nicht für zu erwachsen hielten, um mit den Kleinen den allergrößten Blödsinn zu veranstalten. Sie haben sich in die Herzen unserer Kinder gespielt und ich fragte mich immer wieder: Warum haben sie keine eigenen?

Meine vorschnelle Antwort entprach eher dem Klischee: Beide promovierte Akademiker, beide im Beruf gefordert - young and free. Immer wieder ließ ich mal die eine oder andere Bemerkung fallen, doch mit den Jahren wurde ich vorsichtiger, denn mir kam der Verdacht, dass der Schein trügt. Und wahrlich: Irgendwann brach es heraus aus ihnen: Wir wollen, aber können nicht. Mit gutem saarländischen Humor hat er das gesagt, doch ich habe auch die Trauer und Verzweifelung dahinter gehört.

Plötzlich werden all die Zahlen, die man kaum noch öffentlich diskutiert und anzuprangern wagt, zum persönlichen Schicksal: So viele Fehlgeburten, so viele unglückliche Paare, aber auch so viele Abtreibungen auf der anderen Seite. Wie passt das zusammen? Und wie kann das sein, dass so viele Eltern bereit wären, ein Kind aufzunehmen, während andere aus welchen Gründen auch immer sich nicht in der Lage fühlen, dem Kind im Mutterleib das Leben zu schenken?

In Deutschland ist es fast unmöglich, ein Kind zu adoptieren. Die Hürden sind unglaublich hoch, das Verfahren ewig lang. Nun kam die Nachricht von weit weg, aus einem Land, in dem das Thermometer heute -26 Grad anzeigt. Da ist ein Kind, verlassen von der Familie und der Welt - und es sucht ein zuhause: Das Paar aus Deutschland hat ein kleines Vermögen investiert, viel Kraft, viel Zeit, viele Nerven. Doch all das zählt in diesem Moment nicht mehr: Das Kind lächelt sie an und streckt die Ärmchen aus. Man kommt sich näher, man spürt etwas. Und plötzlich werden aus Mann und Frau in sekundenschnelle Vater und Mutter. In dem Paar reift die Familie. Schwangerschaft und Geburt komprimiert auf wenige Augenblicke und beide sagen: Ja!

Und an mich, an meine Frau und und meine Kinder kommt diese Mail mit den ersten Fotos des Kleinen: Die beiden wollen nicht unsere Zustimmung, aber sie wollen, dass wir ihre Freude mit ihnen teilen. Nicht um zu wissen, dass wir einverstanden sind. Wohl aber zu wissen: Der Junge, den ihr da mitbringt, wird auch bei uns zuhause sein. Willkommen in unserer Familie!

Puer natus, puer donatus est: Der Stall von Bethlehem - plötzlich mitten unter uns.

Dienstag, 21. Dezember 2010

Erneuertes Diakonat und Alte Messe

Lieber Heiliger Bischof Gellert!


Das musst du mir verzeihen: Mein Pfarrer ist selber Schuld. Immerhin hat er den Link eingestellt: Bischof-Huonder-und-die-Erzkonservativen. Das Spannende: Da gibt es (wohl) erstmals einen Bischof, der versucht das Motu Proprio zu Tridentinischen Messe (Summorum Pontificum) sogar schon bei der Ausbildung der Priester umzusetzen. Das ist mutig. Dass es dafür zunächst Kritik hagelt und nun reflexartig die verbalen Keulen mit der üblichen Beschriftung ausgepackt werden (erzkonservativ, restaurativ, ultrakonservativ etc.), ist nicht verwunderlich, sondern war zu erwarten. Man sieht die Messe eben nicht als geistliche Feier, nicht als Sakrament, sondern als kirchenpolitisches Event.


Oftmals ist es nur ein Frage der Sprache: Da hat mein alter Predigtlehrer doch mal gesagt: Die Messe mit dem Rücken zum Volk sei ein Rückschritt. Wenn man es so formuliert, dann schon. Wenn man aber den gleichen Sachverhalt anders formuliert, dann zelebriert der Priester mit der Gemeinde zum Kreuz hin, bewegt sich mit dem pilgernden Volk durch die Zeit auf Christus, den Erlöser, zu. Kritisch könnte man also fragen: Wenn bei uns der Kirche so viel Stillstand herrscht, hat das vielleicht etwas mit unseren vielen "Runden" zu tun? Kreisen wir nicht zu sehr um uns selber, wenn uns die Hl. Messe seit Jahren immer nur im Kreis um den Altar versammelt? Die Ausrichtung am Tridentinischen Ritus ist somit auch eine sichtbare Ausrichtung der versammelten Gemeinde: Sie starrt dem Geistlichen nicht ins Gesicht (Originalton: Herr Diakon, warum haben sie denn beim Hochgebet so gelächelt?), sondern auf das, worauf es ankommt: auf das Sakrament. Die Ausrichtung auf die Pilgerschaft und Mission geschieht erst wieder am Ende der Messe. Aber wie schwach ist die deutsche Übersetzung "Gehet hin in Frieden!" im Vergleich zum lateinischen "Ite missa est!". Da wird der missionarische Impuls nicht sehr deutlich - und die Pilgerschaft auch nicht. Das Tridentinische Bild ist stärker: Die Geistlichen, allen voran der Priester, gehen sichtbar und mit gutem Beispiel dem Gottesvolk voran - im Bewusstsein ihrer eigenen Schwäche.

Lieber St. Gellert, ein Problem habe ich mit der Altem Messe - ich gestehe es und mein Pfarrer möge es mir verzeihen: Mir, als "nachkonziliarem" Ständigen Diakon fehlt der Platz, an den ich gehöre. Als Diakon gehöre ich an den Altar: Dorthin nehme  ich die Menschen und ihre Sorgen mit, von dort erfahre ich Kraft und Zuspruch in der Eucharistie. Aber die Alte Messe kennt nur den Diakon in Verbindung mit dem Subdiakon. Das führt in der heutigen Situation, in der es eben keine Subdiakone in den Gemeinden gibt, zu einem Widerspruch und einem theologischen Problem: Ist meine Weihe an den Subdiakon gebunden? Bin ich nur Diakon, wenn der Subdiakon da ist? Also setze ich mich in der "normalen" Alten Messe (Missa Cantata oder Missa Lecta) in die Bank - gehöre da aber als Kleriker nicht hin. Ich sage das nicht aus kirchenpolitischer Motivation heraus, sondern aus echter geistlicher Not, als jemand, der das Weihesakrament als durchgängige, allumfassende Lebensform leben möchte. Ich könnte als Ministrant mitfeiern und dann zur Kommunion die Stola anlegen und die Kommunion spenden. Aber ich bin eben kein Ministrant, sondern Diakon.

Das Problem ist sicherlich sehr speziell, zeigt aber, dass im Detail noch Fragen offen sind. Da es immer genügend Priester gab, gab es auch genügend Diakone und auch genügend Subdiakone, so dass sich dieses Problem in dieser Form früher nicht stellte, zumal das levitierte Hochamt mit Diakon und Subdiakon (Missa Solemnis) wohl nur selten in der Gemeinde gefeiert wurde. Die übliche Gemeindemesse (Missa Parochialis) war eine Missa Cantata ohne Diakon und Subdiakon. Diakone und Subdiakone waren gewissermaßen in den geistlichen Zentren konzentriert, so dass sich das hier erwähnte Problem nicht stellte. Erst in unserer Zeit wird das Problem deutlich: Das Motu Proprio hat auch ganz neue Fragen geschaffen. Es kann nicht einfach an der "vorkonziliaren" Zeit anknüpfen. Zwar gibt es auch eine eigene Missa cum Diacono (also ohne Subdiakon), die aber ursprünglich nur für die Heilige Woche vorgesehen war/ist. Die Einheit des Weihesakramentes wird derzeit bei der gängigen Form der Alten Messe in der Pfarrgemeinde auf schmerzlichste Weise zerrissen.

Man fragt sich: Bin ich die Ausnahme? Oder anders: Hat wirklich niemand damit gerechnet, dass es auch Ständige Diakone gibt, die sich diesem Ritus öffnen? Bei manchen Veröffentlichungen zu diesem Thema scheint es mir, als sähe niemand diesen Riss und diese schmerzhafte Wunde. Dass wir diese Fragen sensibel bleiben und der Hl. Geist uns dafür einen Weg eröffnet, dazu sende ich ein Stoßgebet zum Himmel: Hl. Gellert, hilf!

Sonntag, 19. Dezember 2010

Gesundheitsreform für Leib und Seele

Lieber Heiliger Bischof Gellert!

Ob du das wohl gekannt hast? Ich meine das süße Gebäck, das man aus Mehl, mit einem bis zwei Eiern, Honig und diesen besonderen Gewürzen aus dem Orient herstellt: Zimt, Anis, Nelken, Kardamom, Koriander und ein wenig Muskat. Im alten Ägypten gab es schon eine Art Honigkuchen und auch die Römer kannten das panus mellitus. Bei uns ist das Gebäck heute als Lebkuchen bekannt. Die Geschichte dieses besonderen Gebäcks bleibt ein wenig im Dunkeln, bis man schließlich in Aachen daraus die berühmten Printen herstellte. In den Klöstern nannte man das Gebäck aufgrund der orientalischen Würzmischung einfach nur „Pfefferkuchen“ und später wird dann Nürnberg für seine Lebkuchen berühmt. Aber das ist erst in 15. Jahrhundert und so bin ich mir nicht sicher, ob du je von diesem Gebäck kosten durftest.
Heute gibt es bei uns Lebkuchen in Hülle und Fülle und in ganz verschiedenen Formen. Allerdings weiß kaum noch jemand, woher der Lebkuchen seinen Namen hat. Das Geheimnis liegt in den Gewürzen: Was bei uns heute in jedem Supermarkt zu kaufen ist, war im Mittelalter eine unerschwingliche Kostbarkeit aus dem Orient. Die Gewürze aus dem Orient galten als Heilmittel. Und das nicht nur für den Leib: Ex Oriente Lux – aus dem Osten stammt das Licht, im Orient wurde Jesus Christus geboren, der Heiland, der Erlöser und Retter der Welt. Aus dieser geistlichen Würzmischung wurde das Lebkuchenrezept: Der Lebkuchen wurde zur süßen und heilenden Speise, die gleichzeitig auf den verweist, der uns an Leib und Seele heilt. Konsequenterweise wurde der Lebkuchenteig dann auch bald auf eine Oblate gesetzt, um auf die Eucharistie hinzuweisen, die ja das wirkliche Lebensbrot ist. Und da Christus uns durch seinen Tod und seine Auferstehung das Tor zum Paradies neu geöffnet und uns das ewige Leben in Fülle geschenkt hat, wurde später der Lebkuchen mit Konfitüre gefüllt. So zumindest habe ich das in meinen Büchern gefunden.
Ob das alles so stimmt? Wie auch immer: Es passt und lässt mich meinen Lebkuchen auf ganz neue Art genießen. Und eröffnet mir neue Wege, den Glauben im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft zu machen.

Freitag, 17. Dezember 2010

Kerzen machen Schule

Lieber Hl. Bischof Gellert!

Heute im Religionsunterricht, 7. Klasse: Man kommt ein wenig ins Schwimmen. Letzte Stunde vor Weihnachten. Wichteln und Plätzchenessen ist zu profan, aber die volle theologische Ausdeutung der Weihnachtsgeschichte ist wohl auch zuviel. Also fragte ich schon vorher zaghaft an: Wenn ich - nur so als Experiment - meine Gitarre mitbringe, singt ihr dann auch mit? Zusage, großes Versprechen: Wir singen natürlich mit. Aber ich bleibe skeptisch: Habe schon von zu vielen Kollegen gehört: 7. Klasse, die singen doch nicht mehr!
Also haben wir es versucht: Liedblatt gestaltet, kopiert, ausgeteilt und los gings. Anfangs zaghaft, dann aber immer schwungvoller. Das Verrückte: Irgendwann kamen sie dann: Können wir nicht Laudato Si singen? Oder das mit dem Halleluja? Mir auch recht.

Dann der Versuch, Weihnachten ins Spiel zu bringen: Ich teile dünne Kerzen aus und zünde meine an. Warum verwenden wir in der Kirche eigentlich immer noch Kerzen? Glühbirnen täten's doch auch, wahrscheinlich sogar besser. Die Kids spüren, dass das nicht dasselbe wäre. Und dann sprudelt es nur so: Eine Kerzenflamme ist irgendwie "lebendig", bewegt sich. Eine Kerze verbreitet Licht und Wärme und das brauchen wir doch zum Leben. Eine Kerzenflamme muss man schützen, so wie Maria und Josef Jesus beschützen mussten.

Dann das beste: Eine Kerze wird beim Brennen immer kleiner. Die "verschenkt" sich. Und schon sind wir bei Weihnachten und ich erzähle meinen Kids von Jesus, der Licht in die Dunkelheit bringt, die Menschen Gottes Liebe erfahren lässt und sich bis zum Tod verschenkt. Wie eine Kerze, die bis zum letzten Augenblick leuchtet. Und dann? Dann kommt die andere Kerze ins Spiel: Wenn die eine ganz heruntergebrannt ist, sich ganz verschenkt hat, dann wird die noch viel größere, die alles überragende Kerze angezündet: die Osterkerze. Weihnachten und Ostern - untrennbar miteinander verbunden.

Wir zünden die Kerzen an und eine feierliche Stille breitet sich im Klassenraum aus. In die Stille hinein sage ich zu meinen Schülern: Wenn wir den Mut haben, nicht nur auf das zu achten, was uns an Weihnachten geschenkt wird, sondern auf den, den Gott uns geschenkt hat, wenn wir den Mut aufbringen, uns so wie Jesus anderen zu schenken, dann ist wirklich Weihnachten. Wenn wir nicht anfangen, das Dunkel zu erhellen, wer dann? Jeder kann das auf seine Weise und sei sein Beitrag, seine Flamme noch so klein, sie wird im Dunkeln leuchten.
Das Strahlen in den Augen der Schülern scheint heller als das Strahlen der Kerzen und ich habe das Gefühl: Sie haben verstanden. Ich denke an Psalm 8,3: Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge verschaffst du dir Lob! Wer hätte das gedacht, so etwas in einer siebten Klasse Gesamtschule zu erleben?

Ob es halten wird, ob es wirken wird?  Später kommt eine Schülerin ins Lehrerzimmer und fragt: Kann ich noch eine Kerze für meine Freundin haben? Was mag sie wohl ihrer Freundin erzählt haben, dass diese dann unbedingt auch eine Kerze möchte? Das macht Hoffnung: Das Licht breitet sich aus. Aber das liegt nicht in meiner Hand. Da bleibt mir nur eines: Hl. Gellert, hilf du, dass dieses Leuchten ansteckt und wirkt! Hl. Gellert, dir vertraue ich meine Kinder an und ich weiß: Du wirst auf sie achten!

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Kreuz weg

Lieber Bischof St. Gellert!

Immer wieder geistert es durch die Presse: Ein Vater, eine Mutter klagt das Kreuz aus der Schule. Die Kreuze müssen weg. Und nicht nur die: Alles Religiöse soll aus der Öffentlichkeit verbannt werden. Nun hat ausgerechnet ein evangelischer Volksvertreter gefordert, der Papst solle bei seinem Besuch in Deutschland auch eine Hl. Messe in Berlin zelebrieren – und zwar öffentlich.
Die Öffentlichkeit suchen, das ist sicherlich ein hehres Ziel für die Kirche. Denn aus der Öffentlichkeit werden wir ja zunehmend verbannt. Oder verbannen wir uns selbst? Ich frage mich zunehmend: Wo kommen all die Politiker her, die in Brüssel oder sonst wo dafür plädieren, dass Kreuze abgehängt, Krippen vom Weihnachtsmarkt verschwinden und der Hl. Nikolaus aus dem Kindergarten verbannt wird? Haben wir Geistliche ihnen nicht geradezu das Motto vorgelebt: Kreuz weg!
Ich war auf einem Gymnasium der Steyler Missionare. Wie so viele Ordensgemeinschaften, so haben auch die Steyler nach dem Konzil ihre Soutane abgelegt. Das Ergebnis war optisch katastrophal: Man besorgte sich nach dem Konzil Anzüge, die schon zu dieser Zeit modisch veraltet waren. Und die wurden immer schön weiter gereicht. Als ich in den 80ern auf diesem Gymnasium war, konnte man die Patres allein schon anhand ihrer Kleidung erkennen. Das war dann aber auch alles: Noch nicht einmal ein Kreuz. Also nicht nur modisch, sondern auch geistlich katastrophal.
Einen unerschütterlichen, modisch zeitlosen Fels in der Brandung gab es noch: ein Pater, der sich sträubte und stets in der Soutane herumlief. Das hatte Stil, das forderte Respekt und hatte eine Botschaft. Er verkörperte eben nicht den viel beschworenen Geist des Konzils, sondern den Geist der Schule, die immerhin ein kirchliches Gymnasium war.
Ich kann nicht verstehen, wenn wir heute darüber klagen, das Christentum und die Kirche würden immer mehr aus der Öffentlichkeit verbannt und ins Private abgedrängt. Viele aus unseren eigenen Reihen haben diesen Weg doch vorgezeichnet und tun es noch heute. Zahllose Geistliche sind als solche nicht zu erkennen, tragen noch nicht einmal ein Kreuz.

Die Argumente kann ich hören, aber nicht nachvollziehen: Man möchte auch mal frei haben. Aber: Übernimmt man mit der Weihe einen Job oder eine Lebensform? Wie würde meine Frau wohl reagieren, wenn ich mittags um drei meinen Ehering ablegen würde? „Hallo Schatz, für heute genug Ehe. Habe jetzt Feierabend!“ Dass so ausgerechnet die denken, die es durch Studium doch besser wissen müssten, ist äußerst erschreckend. Folgerichtig auch die Anfrage einer Pastoralreferentin (sic!), die mich bei einer Fortbildung fragte: „Warum trägst du denn Collarhemd, wenn du hier doch gar keine Funktion hast?“ Wobei sich der Verdacht aufdrängt, dass sie mir selbst bei „aktiver Funktionsausübung“ das Collarhemd nicht gönnen würde.
Ein anders Argument: Man möchte keinen bedrängen: Ja, das hab ich auch schon erfahren. Als ein Freund seine Gelübde bei den Jesuiten ablegte. Da kam ich doch bei der anschließenden Feier an einen Tisch und wurde von einem Herrn aufs heftigste angegriffen. Der kannte mich zwar nicht, aber mein Collarhemd war für ihn der „Inbegriff der Herabwürdigung der Laien“. Das ist nämlich die Folge dieser seltsamen Kleiderordnung: Indem der Geistliche die geistliche Kleidung ablegt, weil er angeblich die Communio mit den Laien betonen möchte, macht er so ziemlich alles nieder: Weder stimmt die Vorstellung von Communio, noch die vom Amt des Geistlichen, und die Würde des Laien wird dabei auch nicht betont. Schlimmer noch: Der Umstieg vom Collar zur Krawatte ist mehr als eine Moderfrage, wurde alsbald zur kirchenpolitischen Frage. Er hat den Graben zwischen Klerus und Laien nicht zugeschüttet, sondern erst so richtig aufgerissen, wenn nicht sogar erst geschaffen: Plötzlich mussten (und müssen noch immer) die sich verteidigen, die gemäß der kirchlichen Vorschriften in der Welt als Geistliche durch ihre Kleidung erkennbar sind.

Kreuze weg, Collar weg, Soutane weg. Wenn wir uns in der Öffentlichkeit nicht mehr zeigen, dann ist es nur folgerichtig, dass diese Öffentlichkeit uns nicht mehr wahrnimmt. Dabei müssten unsere Gläubigen doch dankbar sein für jeden, der sich heutzutage noch das Collarhemd anzieht und damit in der Öffentlichkeit Zeugnis für die Kirche ablegt. Denn eigentlich haben wir doch alle in der Taufe Christus angezogen und jeder müsste sich bewusst sein, dass er dieses Taufkleid Tag für Tag auf dem Leib trägt. Wir Geistlichen sollen hier Vorbild sein, das sichtbar tragen, was jeder Getaufte unsichtbar trägt. Und wir sollen in besonderer Weise auch im Handeln Vorbild für die Gläubigen sein. Das ist nicht immer leicht. Man erlebt hin und wieder auch Angriffe und Anfragen. Collarträger sind inner- und außerkirchlich leicht erkennbare Zielobjekte. So könnte man so manchem Geistlichen ohne Collar das Motto unterstellen: Kreuz weg vermeidet den Kreuzweg. Sind wir als Christen nicht gerade dazu berufen, unser Kreuz auf uns zu nehmen?

Aber es führt auch zu kuriosen und schönen Erfahrungen: Menschen, die mich mitten auf der Straße ansprechen, weil ich „doch von der Kirche bin“ und mir ihr halbes Leben erzählen. Menschen, die mir von ihrer Not erzählen und mich um einen Segen oder das Gebet bitten. Menschen, die in der Schule, beim Einkaufen oder wo auch immer ganz unverhofft der Kirche begegnen. Menschen, die in Gesprächen mit mir viel schneller zur Sache kommen, zum Ernst des Lebens, zur Tiefe, weil sie sehen, wofür ich stehe. Weiß ich denn, wie viele Menschen mich sehen und dabei auch nur für einen Augenblick daran erinnert werden, dass es mitten im Alltagstrubel auch noch Gott und die Kirche gibt?
Zwei Fragen klingen mir noch im Ohr. Einer fragte mich nach der Weihe: „Laufen Sie jetzt immer so rum?“ und Wortwahl und Ton machten deutlich, was er davon hielt. Ein anderer fragte mich mal: „Tragen Sie das auch im Urlaub?“ – und das war eine echte Frage i.S.: Sind Sie wirklich immer unser Diakon? Und ich antworte aus ganzem Herzen: Ja!

Da lobe ich mir deine Aufrichtigkeit, Hl.Gellert: Als dein Gönner König Stephan von Ungarn starb, hat sein Nachfolger Andreas das Christentum wieder verboten. Du hast dich nicht versteckt, sondern um so mehr den Glauben verkündet. Das hat dich dann Kopf und Kragen gekostet. Hilf uns, dass wir den Mut finden, dich in unserem Land zu bezeugen, aufrichtig und mutig wie du! Von dir lernen bedeutet dann: Kreuze nicht weg, vielmehr Kreuze raus! Jeder sollte offen eins tragen. Und wir, die wir durch die Weihe berufen sind, in besonderer Weise Zeugnis abzulegen, sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Hl. Gellert hilf!

Samstag, 11. Dezember 2010

Missa Tridentina: Warum ich nicht bekehrt bin






Lieber Hl. Bischof Gellert,

wir beide haben eines gemeinsam - nicht nur den Namen: Wir sind beide nicht mit der Missa Tridentina, der "Alten Messe" aufgewachsen. Dabei dürfte sie dir wohl vertrauter vorkommen als mir: Die lateinische Sprache, die Riten, der Ablauf - das Trienter Konzil hat knapp 500 Jahre nach deinem Tod die Liturgie geordnet und dabei auf dem Bestehenden aufgebaut.
Mir war diese Messform fremd. Ja, sie war mir verdächtig. das wurde mir so beigebracht: In meinem Studium - man wagt es kaum zu sagen - gab es die Kirche vor "dem Konzil" so gut wie nicht. Klar: Mit "dem Konzil" ist natürlich das zweite Vaticanum (1962-65) gemeint. Klar: Wir haben in Kirchengeschichte natürlich ach etwas über die frühen Konzilien wie Nicäa und  Chalcedon gehört. Aber danach war Schluss. Seltsames Schweigen breitet sich aus über Jahrunderte Kirchengeschichte - zumindest über das, was die Kirche an Gutem, an Schönem und Lebendigem hervorbrachte. Kreuzzüge und Inquistion, das wurde noch erwähnt.
Ansonsten lag alles vor 1965 im dunklen kirchlichen Mittelalter. Und vorkonziliar war in meinem Studium keine Zeitangabe, sondern ein Wertung, fast schon ein Schimpfwort.
So bin ich in der Kirche aufgewachsen und habe nie etwas anderes gelernt. Mein Ziel war folglich die Beteiligung aller im Gottesdienst, das (Mit)machen, die ansprechende Katechese, für die ich alles Mögliche auffuhr: Kein Sekundärsymbol war mir zu schade und was habe ich nicht alles  in den Altarraum geschleppt! Erstmals nachdenklich wurde ich, als ich am Pfarrfest einen Korb mit gasgefüllten Luftballons an die Decke schweben ließ - das "kam super an"! Aber im Gottesdienst schaute dann jeder nur noch nach den in der Kirche schwebenden Ballons und die Eucharistie wirkte irgendwie "angehängt". Dabei ist sie doch das zentrale Ereignis. Nicht unser Handeln ist gefragt, sondern Gott handeln zu lassen. In der orthodoxen Liturgie tritt der Diakon zu Beginn des Hochgebetes an den Priester heran und spricht: "Es ist Zeit, Gott handeln zu lassen!".

Ich bin kein Bekehrter, dafür hätte ich die Missa Tridentina kennen müssen. Und am Anfang war ich sehr skeptisch: Alle diesbezüglichen Vorurteile waren auch meine: das Volk zur Passivität verdammt, die Sprache unverständlich, und dann der immer wieder auftauchende Satz: Da beten alle doch nur Rosenkranz!
Inzwischen bedauere ich, dass ich aus zeitlichen Gründen die "Alte Messe" kaum besuchen kann. Aber ich schätze sie: Denn hier muss ich nichts "machen". Ich werde auch nicht von einem Pfarrteam mit Knalleffekten durch die Liturgie getrieben - man entschuldige diese drastische Ausdrucksweise, aber manchmal empfinde ich das eben so, denn Takt, Rhythmus und Inhalt der "normalen" Liturgie werden von denen bestimmt, die im Altarraum sind. Die neue Messe ist wie ein Orchester, das ständig gemeinsam spielt.
Nein, die "Alte Messe" lässt mir Freiraum. Ich kann bei mir bleiben, beim Schuldbekenntnis innehalten und nachdenken. Beim Tagesheiligen. Und auch beim Rosenkranz, wenn ich das möchte und brauche. Die Alte Messe erscheint mir wie viele Solisten, die gemeinsam beginnen, dann aber in ihren eigenen Rhythmus fallen dürfen. Und da kann ich dann auch der lateinischen Sprache etwas abgewinnen, denn sie lenkt mich in meinen Gedanken nicht ab. Und schließlich gibt es diesen Moment, an dem alle zusammen geführt werden, wenn alles in die Opferhandlung hineinmündet. 
Das Wohltuende: Diese Form macht auf wunderschöne Weise deutlich, dass Gott handelt und nicht der Mensch. Sie ist zeitlos, muss nicht immer dem Zeitgeist hinterher hinken und versuchen, durch noch fetzigere Angebote und Aktionen Menschen anzusprechen. Sie spricht an durch die Würde und Feierlichkeit und durch ihre Symbole und Riten.

Da hat ein bedeutender Kardinal doch gesagt: Diejenigen, die "an ehrwürdigen unveränderlichen Formen hängen, durchschauen nicht deren geschichtliche Bedingtheit". Heute sind die Formen sehr veränderlich geworden: Mit jedem neuen Priester, der in einer Gemeinde aushilft, stellt sich immer wieder die Frage: Wie feiert der die Messe? Wie teilt der Kommunion aus? Und immer wieder erlebt man gerade als Diakon neue Überraschungen. Immer wieder erlebt man Priester, die meinen, das Rad neu erfinden zu müssen, anstatt einfach das zu tun, was im Messbuch steht. Wenn die „geschichtliche Bedingtheit“ das Kriterium ist, an dem wir unsere Liturgie ausrichten, dann ist morgen die Heilige Messe von heute schon Geschichte.
Und ich werde nachdenklich: In nur 50 Jahren nach „dem Konzil“ hat sich die Form schon viel öfter verändert, als in den 500 Jahren davor. Die geschichtliche Bedingtheit diktiert uns immer kürzere Rhythmen der Anpassung an neue Formen.
Beide Formen haben ihren Wert, es mag Zeiten geben, in denen die „alte“, Zeiten, in denen mich die „neue“ Form anspricht. Aber das wesentliche muss doch sein: Dass die Liturgie zum Ausdruck bringt, dass es um Gottes Handeln und nicht um menschliches Machen geht. Im Mittelpunkt steht das Heilige, steht Gott.

Dass wir das nicht verlieren, dazu sende ich ein Stoßgebet zum Himmel: Hl. Gellert, hilf!


Dienstag, 7. Dezember 2010

Irrlehrer

Lieber Bischof Gellert,

einer meiner besten Freunde ist ein Jesuitenpater. Im Moment tut er mir leid: er gehört zu denjenigen, die ihren Glauben leben und das scheint ja bei den Jesuiten heute auch nicht mehr so selbstverständlich zu sein. Mein Freund wurde Jesuit, weil an den entscheidenden Stellen seines Lebens die ignatianischen Exerzitien eine wichtige Rolle in seinem (Glaubens)leben gespielt haben. Heute erscheint es mir eher so, dass die meisten  seltsamen Aussagen über die Kirche und den Glauben auch von Jesuiten kommen. Da staunt der gläubige Katholik, galten doch die Jesuiten lange Zeit als die Speerspitze der katholischen Kirche und als verlängerter Arm des Heiligen Vaters.
Nun hat also lt. einem Bericht von kath.net (http://kath.net/detail.php?id=29261) P. Roger Lenaers SJ seine Sicht des Glaubens zum Besten gegeben. Bei einem Vortrag Mitte November hat er seine Vorstellung eines atheistischen Gottesbildes dargelegt. Damit meinte er nicht, dass auch Atheisten an irgendwas glauben. Nein, nein, er meinte damit, unser christliches christliches Gottesbild müsse atheistisch werden. Wir würden noch viel zu viel vom Gott-in-der-Höhe reden. Unsere ganze Liturgie, unsere Moral, die Bibel, unser ganzer Glauben und unser Reden  in der Kirche sei damit gefüllt. Also weg damit: Hin zu einem vermeintlich modernen Gottesbild, dass schließlich alle Menschen - auch die Atheisten - miteinander verbindet: Die bloße Erfahrung, dass hinter allem irgendwas stecke, irgendwas Absolutes. Das war's dann auch schon. Nach dem anonymen Christentum kommt nun der nächste Schritt: Anonyme Gottgläubige. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner: Wir glauben doch alle an irgendeinen Gott, an eine göttliche Erfahrung. Und Gott ist nicht in der Höhe, nein er ist der Gott-in-der-Tiefe.
Das ist im Prinzip nicht falsch, ist doch gerade Weihnachten das Fest, an dem Gott in die menschliche Tiefe hinabsteigt. Und das ganze Leben Jesu ist Abstieg, eine Erniedrigung bis zum Tod am Kreuz (Phil 2,8). Aber muss man wegen dieser freiwilligen Selbsterniedrigung nun Abschied vom Gott-in-der-Höhe nehmen und den Gott-in-der-Tiefe verkünden? Abschied von Glanz und Gloria in der Kirche?

Natürlich: Demjenigen, der ganz unten ist, dessen Leben am Boden liegt oder der sogar im Boden versunken ist, für den ist die Botschaft vom Gott-in-der-Tiefe ein Anker. Aber eben nur insofern als er weiß, dass Gott bei ihm ist. Das unterscheidet uns ja von allen anderen Religionen, dass wir den Gott verkünden, der in Jesus Christus die tiefste Tiefe menschlichen Daseins am eigenen Leib erfahren hat. Aber das alleine gibt keinen Trost und erst recht keine Hoffnung: Wäre das unser Glaube, müsste man in der Eucharistie die Doxologie streichen: Ist denn nicht gerade das Zusammenfügen der zerbrochenen Hostie mit dem Kelch das lebendige Zeichen der Hoffnung? Aus Tod wird neues Leben. Das, was in der Tiefe ist, wird zu neuem Glanz erhoben. Das steht ja schließlich auch im Philipperhymnus. Der Gott-in-der-Tiefe ist eben niemand anders als der Gott-in-der-Höhe.

Unsere Liturgie darf nicht tiefer gelegt werden, dann wird sie noch flacher, als sie in manchen Bereichen schon ist. Ebenso unser Glauben und unser Reden von Gott: Die Hl. Messe soll uns nicht in die Tiefe ziehen, sondern eben aus dem irdischen Alltag nach oben zu Gott hin bewegen. Und ist es nicht genau das, was wir in der Heiligen Messe auch ersehnen: Wenigstens eine Stunde in der Woche aus der Alltäglichkeit mit ihrer Niedrigkeit erhoben zu werden? Freuen wir uns nicht über Gott, der auf die "Niedrigkeit seiner Magd" schaut und ist nicht z.B. auch der Weihrauch (sofern man ihn verwendet) das Symbol dafür, dass unsere Gebete zum Himmel hinaufsteigen und wir in der Liturgie zum Himmel erhoben werden?
Es bleibt mir schleierhaft, wie besagter Jesuitenpater Weihnachten feiern will. Und schaut man sich die anderen Aussagen dieses Paters an, so kann man nur noch ratlos den Kopf schütteln: Und solche Leute halten Vorträge, bilden andere aus, predigen.

Und mir bleibt nur das Stoßgebet: St. Gellert hilf!

Montag, 6. Dezember 2010

Nikolaus-Gedanken

Lieber Bischof Gellert!

Heute war ich im Auftrag, oder mit, oder als dein Mitbruder Bischof Nikolaus unterwegs. Du kennst ihn ja, hast vermutlich auch schon zu deiner Zeit den Todestag dieses großen Heiligen gefeiert, der ungefähr 700 Jahre vor dir starb.

Vorher denkt man sich, was für ein Stress! Hetzen von Termin zu Termin. Aber jetzt am Abend erscheint mir der Tag doch wie ein wundersam gewobener Nikolausmantel, der sich liebevoll über die Ereignisse und Begegnungen dieses Tages legt. Und so manche Gesichter und Begegnungen tauchen wieder auf, die mich heute sehr bewegt haben.

In der Schule kam ich auf die spontan-verrückte Idee, den mitgebrachten Schokoladennikolaus, an dem ich den Unterschied zum Weihnachtsmann erklärte, zu versteigern: Zuerst haben die Kinder mir Geld geboten - wollte ich aber gar nicht. Dann kamen sie dahinter, was dem Hl. Nikolaus wohl eher gefallen würde: Irgendetwas Gutes für andere zu tun. Da waren sehr viele gute Ideen dabei: Vom täglichen Gebet für andere, vom Holzhacken mit Papa bis hin zum Gottesdienstbesuch. Eine Schülerin sagte schließlich: "Wenn ich den Schokonikolaus bekomme, dann teile ich ihn mit allen anderen!" Also bekam sie ihn und die anderen, die dann ja auch etwas bekamen überlegten plötzlich, ob sie ihr eigenes Angebot nun auch erfüllen "müssten". Und kamen zum Schluss: Papa beim Holzhacken helfen, Beten, Gottesdienstbesuch - das ist auch sinnvoll, wenn man keine Schokolade dafür bekommt. Und wer weiß? Vielleicht sind sie ja nun am Sonntag in der Kirche?

Noch kreativer war das in der 7. Klasse: Da bekam den Nikolaus eine Schülerin, die anbot, ihn mit dem Jungen in der Klasse zu teilen, den sie am allerwenigsten mag. Das war ein Sprung über den eigenen Schatten und dazu auch noch öffentlich - ganz schön mutig.

In der Grundschule die üblichen glänzenden, strahlenden Augen. Ein Kind im ersten Schuljahr meinte ganz traurig: "Mir hat der Nikolaus noch nie etwas geschenkt!". Der Nikolaus schaut betroffen. Vor sich stehen auf einem kleinen Tisch viele kleine Schokoladenweihnachtsmänner (seufz...nichts ist perfekt) und Nüsse. Schließlich nimmt sich der Nikolaus so einen Schokoladenkerl, geht zu dem Mädchen und sagt mit bewegter Stimme: "Alle anderen Kinder dürfen sich nachher einen Weihnachtsmann nehmen. Nur du, du darfst hier sitzen bleiben, denn dir bringe ich ihn ganz persönlich. Damit du heute Abend sagen kannst: Heute hat mir der Hl. Nikolaus was geschenkt!" Das Kind schenkt dem Nikolaus ein Strahlen, dass heller ist als jeder Heiligenschein.

Und dann S. aus dem ersten Schuljahr: Zieht mich zu ihr herunter und flüstert mir ins Ohr: "Mein Onkel ist auch bei dir! Der hat sich nämlich zweimal mit dem Auto überschlagen!" Der Nikolaus braucht eine Weile, um zu verstehen. Dann schluckt er einmal und staunt gleichzeitig über diesen großen Kinderglauben: Der Nikolaus kommt doch aus dem Himmel, also kennt er meinen Onkel. Ist doch klar.

Beim Verlassen der Schule kommt ein anderer Erstklässler: "Nikolaus, kannst du zaubern? Dann zaubere mir doch mal ein Holzschwert herbei!" Da ist der Nikolaus ratlos. Aber dann legt er dem Jungen spontan eine Hand auf die Schulter, kniet sich vor ihn hin, schaut ihm in die Augen und sagt: "Der Hl. Nikolaus kann kein Holzschwert herbeizaubern, aber er kann dein Herz verzaubern, damit du Kraft bekommst, Gutes zu tun." Der Junge macht große Augen, auch wenn der Nikolaus nicht weiß, ob er das verstanden hat. Aber beim Weggehen winkt er dem Hl. Nikolaus freundlich zu und dieser schickt ein Stoßgebet zum Himmel: "Hl. Nikolaus und Hl. Gellert - das müsst ihr übernehmen!"

Und immer wieder höre ich, wie stolz die Kinder sind, wenn sie bei der Nikolausfeier den Bischofsstab halten dürfen. Da werden kleine Kinder riesengroß.

Überhaupt die Nikolausfeier: Mehr und  mehr habe ich den Eindruck, dass die ersten Minuten das Entscheidende sind. Nicht die Worte, nicht das Gewand. Der Hl. Nikolaus, der sich da vorne am Altar hinkniet und betet, das ist das, was Kinder und Erwachsene gleichermaßen beeindruckt.

Und am Abend noch der obligatorische Anruf bei einer Jugendlichen, die den Namen des Heiligen trägt. Seit Jahren rufe ich dort an. Inzwischen ist sie groß geworden, und dennoch weiß ich, wartet sie noch jedes Jahr auf den Anruf des Nikolaus. Sie weiß schon längst, wer da anruft, aber es bleibt wie ein unausgesprochenes Geheimnis im Raum stehen, ganz gleich, wo wir uns im Laufe des Jahres begegnen: Angerufen hat der Nikolaus, niemand sonst.

Denn: Der Hl. Nikolaus ist immer der Hl. Nikolaus.

Freitag, 3. Dezember 2010

Aber eines muss ich dann doch noch erwähnen:

Die Schülerin, die wir heute im Unterricht überrascht haben, weil sie Namenstag hat. Ich habe ihr die Legende ihrer Namenspatronin erzählt und auch für sie gebetet. Das war eine der dichtesten Stunden, die ich den letzten Wochen erlebt hatte. Und das im 7. Schuljahr. Davon kann man leben.

Dann mal los...

Lieber St. Gellert (Gerhard),

da du ja mein Namenspatron bist, kann ich dir ja mal so meine Gedanken anvertrauen. Berührt vom Brandbrief einer 15jährigen Schülerin zum Religionsunterricht (http://kath.net/detail.php?id=27386), habe ich mir schon so meine Gedanken zum RU gemacht. Zudem ich nun ja auch in der Verantwortung stehe und einen Referendar begleite. Da fragt man sich schon: Was bringt's? Und: Was habe ich denn selber davon gehabt?
Nun gehöre ich - trotz kirchlicher Schullaufbahn - leider auch zu denjenigen, bei den der RU ein "Laberfach" war: Am Ende wusste ich mehr über Drogen und Sekten, über die fünf Säulen des Islam, den Hinduismus und Buddhismus, als über den katholischen Glauben. Aus heutiger Sicht ist mir völlig unverständlich, wie wir in der Oberstufe uns hauptsächlich mit Religionsphilosophie und  Religionskritik befassen konnten, wenn wir doch von unserer Religion kaum Ahnung hatten.
Nun - seit Jahren selber als Religionslehrer tätig - dämmert mir so manches: Es gab da einen Bruch, als wir in den 70er Jahren der Welt beweisen zu wollten (mussten?), dass der RU sinnvoll und lebenspraktisch ist. Plötzlich musste jede Stunde aus sich heraus korrelativ sein, musste direkt was mit dem Leben der Schüler zu tun haben. Die Folge: Lehrpläne, deren Aufbau jede Systematik vermissen lässt. Lehrpläne, deren Struktur eher einem Schweizer Käse gleicht. Man springt von einem Thema zum nächsten, immer in der Hoffnung, etwas zu finden, was die Schüler aktuell anspricht.
Dabei bleibt die kontinuierliche Vermittlung grundlegender, zusammenhängender Glaubensinhalte auf der Strecke. Bezeichnend ist, dass es z.B. (zumindest in Hessen) keine zusammenhängende Einheit über das Leben Jesu gibt. Immer nur ein bisschen Weihnachten , ein bisschen Ostern, hier und da mal das Thema Gleichnisse, später dann Wunder, und irgendwo dann auch mal Reich Gottes. Und dazwischen alles andere: Von Mohammed bis Moses, Abraham bis Maria.
Mein Referendar soll in 12 Stunden das Thema "Taufe & Firmung" durchnehmen - dabei fehlen vielen Schülern die Grundlagen. Wie kann man sich zu Christus bekennen, wenn man gar nicht weiß, wer das ist?

Umdenken tut not: Mut der Lehrer, das zu tun, was notwendig, d.h. sich auch mal vom Lehrplan zu lösen, um Grundlagen zu erarbeiten. Mut, das Katholische in den Vordergrund zu stellen und sich auch mal dem Zeitgeist zu widersetzen: Warum eine Mosche oder Synagoge besuchen, wenn meine Schüler kaum wissen, wie eine Kirche von Innen aussieht? Aber dafür bräuchten wir auch Lehrer, die voll und ganz hinter dem stehen, was sie verkünden sollen. Und das - so kann man die Reaktionen auf den o.a. Brief deuten - scheint heutzutage Mangelware. Allzu oft sind gerade die Religionslehrer diejenigen, die mit der Kirche und ihrer Lehre am kritischsten ins Gericht gehen, statt den Schülern die Schönheit des Glaubens und der Kirche nahe zu bringen.

Da lobe ich mir meinen Namenspatron, der den Glauben der Kirche mutig und standhaft bezeugte.

St. Gerhard hilf!

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Aller Anfang ist schwer

So, keine Ahnung ob und wie das Ganze hier funktioniert, nachdem ich mich nun mühevoll durch die ganzen Menüs gekämpft habe. Sieht aber gar nicht mal soooo schlecht aus. Mal sehen, wie das weiter geht.