Montag, 6. Dezember 2010

Nikolaus-Gedanken

Lieber Bischof Gellert!

Heute war ich im Auftrag, oder mit, oder als dein Mitbruder Bischof Nikolaus unterwegs. Du kennst ihn ja, hast vermutlich auch schon zu deiner Zeit den Todestag dieses großen Heiligen gefeiert, der ungefähr 700 Jahre vor dir starb.

Vorher denkt man sich, was für ein Stress! Hetzen von Termin zu Termin. Aber jetzt am Abend erscheint mir der Tag doch wie ein wundersam gewobener Nikolausmantel, der sich liebevoll über die Ereignisse und Begegnungen dieses Tages legt. Und so manche Gesichter und Begegnungen tauchen wieder auf, die mich heute sehr bewegt haben.

In der Schule kam ich auf die spontan-verrückte Idee, den mitgebrachten Schokoladennikolaus, an dem ich den Unterschied zum Weihnachtsmann erklärte, zu versteigern: Zuerst haben die Kinder mir Geld geboten - wollte ich aber gar nicht. Dann kamen sie dahinter, was dem Hl. Nikolaus wohl eher gefallen würde: Irgendetwas Gutes für andere zu tun. Da waren sehr viele gute Ideen dabei: Vom täglichen Gebet für andere, vom Holzhacken mit Papa bis hin zum Gottesdienstbesuch. Eine Schülerin sagte schließlich: "Wenn ich den Schokonikolaus bekomme, dann teile ich ihn mit allen anderen!" Also bekam sie ihn und die anderen, die dann ja auch etwas bekamen überlegten plötzlich, ob sie ihr eigenes Angebot nun auch erfüllen "müssten". Und kamen zum Schluss: Papa beim Holzhacken helfen, Beten, Gottesdienstbesuch - das ist auch sinnvoll, wenn man keine Schokolade dafür bekommt. Und wer weiß? Vielleicht sind sie ja nun am Sonntag in der Kirche?

Noch kreativer war das in der 7. Klasse: Da bekam den Nikolaus eine Schülerin, die anbot, ihn mit dem Jungen in der Klasse zu teilen, den sie am allerwenigsten mag. Das war ein Sprung über den eigenen Schatten und dazu auch noch öffentlich - ganz schön mutig.

In der Grundschule die üblichen glänzenden, strahlenden Augen. Ein Kind im ersten Schuljahr meinte ganz traurig: "Mir hat der Nikolaus noch nie etwas geschenkt!". Der Nikolaus schaut betroffen. Vor sich stehen auf einem kleinen Tisch viele kleine Schokoladenweihnachtsmänner (seufz...nichts ist perfekt) und Nüsse. Schließlich nimmt sich der Nikolaus so einen Schokoladenkerl, geht zu dem Mädchen und sagt mit bewegter Stimme: "Alle anderen Kinder dürfen sich nachher einen Weihnachtsmann nehmen. Nur du, du darfst hier sitzen bleiben, denn dir bringe ich ihn ganz persönlich. Damit du heute Abend sagen kannst: Heute hat mir der Hl. Nikolaus was geschenkt!" Das Kind schenkt dem Nikolaus ein Strahlen, dass heller ist als jeder Heiligenschein.

Und dann S. aus dem ersten Schuljahr: Zieht mich zu ihr herunter und flüstert mir ins Ohr: "Mein Onkel ist auch bei dir! Der hat sich nämlich zweimal mit dem Auto überschlagen!" Der Nikolaus braucht eine Weile, um zu verstehen. Dann schluckt er einmal und staunt gleichzeitig über diesen großen Kinderglauben: Der Nikolaus kommt doch aus dem Himmel, also kennt er meinen Onkel. Ist doch klar.

Beim Verlassen der Schule kommt ein anderer Erstklässler: "Nikolaus, kannst du zaubern? Dann zaubere mir doch mal ein Holzschwert herbei!" Da ist der Nikolaus ratlos. Aber dann legt er dem Jungen spontan eine Hand auf die Schulter, kniet sich vor ihn hin, schaut ihm in die Augen und sagt: "Der Hl. Nikolaus kann kein Holzschwert herbeizaubern, aber er kann dein Herz verzaubern, damit du Kraft bekommst, Gutes zu tun." Der Junge macht große Augen, auch wenn der Nikolaus nicht weiß, ob er das verstanden hat. Aber beim Weggehen winkt er dem Hl. Nikolaus freundlich zu und dieser schickt ein Stoßgebet zum Himmel: "Hl. Nikolaus und Hl. Gellert - das müsst ihr übernehmen!"

Und immer wieder höre ich, wie stolz die Kinder sind, wenn sie bei der Nikolausfeier den Bischofsstab halten dürfen. Da werden kleine Kinder riesengroß.

Überhaupt die Nikolausfeier: Mehr und  mehr habe ich den Eindruck, dass die ersten Minuten das Entscheidende sind. Nicht die Worte, nicht das Gewand. Der Hl. Nikolaus, der sich da vorne am Altar hinkniet und betet, das ist das, was Kinder und Erwachsene gleichermaßen beeindruckt.

Und am Abend noch der obligatorische Anruf bei einer Jugendlichen, die den Namen des Heiligen trägt. Seit Jahren rufe ich dort an. Inzwischen ist sie groß geworden, und dennoch weiß ich, wartet sie noch jedes Jahr auf den Anruf des Nikolaus. Sie weiß schon längst, wer da anruft, aber es bleibt wie ein unausgesprochenes Geheimnis im Raum stehen, ganz gleich, wo wir uns im Laufe des Jahres begegnen: Angerufen hat der Nikolaus, niemand sonst.

Denn: Der Hl. Nikolaus ist immer der Hl. Nikolaus.

5 Kommentare:

  1. Das sind schöne, kleine Geschichten!
    Und noch ein leicht verspätetes "Willkommen in der Blogoezese"!

    AntwortenLöschen
  2. Ja, ist das schön, mir sind direkt die Tränen gekommen...

    Von mir auch "Herzlich Willkommen!"

    AntwortenLöschen
  3. sehr berührend, danke schön und ja: herzlich willkommen

    AntwortenLöschen
  4. Mensch, das hat mir echt heute den Abend gerettet! Danke sehr! :-)

    AntwortenLöschen
  5. Wie wunderschön zu Herzen gehend. Wie diese Bücher >Hühnersuppe für die Seele<.

    AntwortenLöschen