Dienstag, 4. Januar 2011

Generation JP2


Auf Anregung von Pfarrer Jolie verlinke ich hier die Predigt zum Tod von Papst Johannes Paul II. 




Lieber Hl. Bischof Gellert! 


Ich gestehe: Um das nachzuvollziehen und auch nur annähernd zu verstehen, muss man schon richtig katholisch sein. Kathnet berichtet heute, im Prozess zur Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. sei man einen entscheidenden Schritt weiter gekommen. 
Da werden alte Erinnerungen wach. Dieser Papst ist „mein“ Papst. Nicht, dass mir die anderen nichts sagten oder mir Benedikt XVI. nicht am Herzen läge – allein diese Formulierung ist schon hyperkatholisch.
Aber Johannes Paul II. hat mich 26 Jahre (und fünf Monate) auf meinem katholischen Weg begleitet. Und was war das für ein Weg! Am Anfang war er mir egal, so richtig aufmerksam wurde ich erst im Studium auf ihn. Aber da hat man die Päpste grundsätzlich nur noch an ihrer Einstellung zu Kondom und Pille gemessen. Ok, ist ein wenig überzogen, aber im Großen und Ganzen war es so. JP II. war der Blockadepapst, oder – wie Reinhard Mey es in seinem Lied „Narrenschiff“ recht despektierlich ausdrückt – „der schlimme alte Mann in Rom“. Damals war ich der Meinung: Den alten Mann in Rom braucht man nicht, und solange er den Mund hält, kann er ruhig der alte Mann in Rom bleiben.

Dass es da noch ganz andere Zugänge gibt, lernte ich erst – man höre und staune – in meiner Zeit als lutherischer Christ in Palästina. Ausgerechnet der evangelische Probst von Jerusalem beneidete die Katholiken um den Papst: Hier wurde mir erstmals deutlich, dass der „Dienst der Einheit“ (und nicht die Lust, uns die Lust zu verbieten) die Hauptaufgabe des Papstes ist und dass uns andere um genau dieses Amt beneiden, weil sie sehen, wie in ihrer Konfession zwar der Papst in Rom abgeschafft wurde, dafür sich aber jeder Pfarrer mit päpstlicher Vollmacht sieht. Die Einheit der katholischen Kirche – das eröffnet einen ganz anderen Blick auf dieses Amt. Und noch etwas habe ich durch Johannes Paul II. gelernt: Die Kirche ist nicht deutsch, sie ist weltweit. Konsequenterweise weht auf meinem Haus die Vatikanflagge. Das macht uns Katholiken für den Staat zum Problem, stehen wir doch im Verdacht, grundsätzlich ultramontan, international römisch-katholisch zu denken. Auch wenn gerade die deutsche Kirche und so mancher deutscher Theologe sich oftmals für den Nabel der Welt hält.

Ja, ich habe mich an Johannes Paul II. gerieben, mich innerlich mit ihm gestritten, aber ich war auch – soviel Eigenlob steht mir zu – so fair, zu lesen, was er schrieb. Nicht alles,  aber doch vieles, was mich lehrte sein Anliegen zu verstehen und mir ungeahnte theologische Tiefblicke ermöglichte. Vielleicht muss man erst einmal verheiratet sein, um zu verstehen, warum die Kirche die Pille ablehnt. Vielleicht muss man erst einmal selber Kinder auf den Ernst des Lebens vorbereiten, um zu verstehen, warum es wichtig ist, dass uns in der Papst in wichtigen Fragen der Sitten- und Glaubenslehre den Weg weist. Vielleicht muss man selber mal erlebt haben, wie wichtig es ist, dass in einem schwierigen, langwierigen, dialogischen Entscheidungsprozess irgendwann mal jemand den Mut hat, die endgültige und verbindliche  Entscheidung zu fällen, um zu verstehen, was die Kirche mit Unfehlbarkeit meint.
Wie auch immer: Im Laufe der Jahre hat sich meine Einstellung zu Johannes Paul II. langsam aber merklich verändert. Als er starb, brach für mich eine Welt zusammen: Ich gehöre zur Generation JP2. Über 26 Jahre lang hörte ich in der Hl. Messe das mir völlig vertraute „für unseren Papst Johannes Paul II.“ im Hochgebet – plötzlich war es weg.

Johannes Paul II. hat die Kirche geprägt: Mit seinen Taten (seinem mutigen Kampf gegen den Kommunismus), seiner Lehre (insbesondere seiner „Theologie des Leibes“) und mit seinem ganzen Wesen, insbesondere mit seinem Sterben. Keiner hat die jugendverliebte Welt mit ihrem Gesundheitswahn so sehr provoziert, wie dieser Papst, der seine Krankheit und sein Alter nicht versteckte. Dass ausgerechnet die Jugend der Welt nach Rom eilt, um ihn in seinen letzten Stunden zu begleiten, ist das wohl größte und wunderbarste Geheimnis seines Pontifikats. Die Hoffnung, irgendwann mal diesen Namen noch einmal im Gebet zu hören,  „auf die Fürsprache des Seligen/Heiligen Papstes Johannes Paul II.“ holt ein Stück Kindheit und Jugend, ein großes Kapitel meiner Lebensgeschichte in die Kirche zurück. Für Reinhard Mey war er der schlimme alte Mann in Rom, aber da kann ich nur sagen: Reinhard Mey wird vergehen, Johannes Paul II. wird wohl zur Ehre der Altäre erhoben und damit in der Kirche unvergessen bleiben.


Das verbindet uns mit den Christen durch alle Zeiten hindurch: Die große Schar der Heiligen, die uns im Glauben als leuchtendes Vorbild vorangingen! Dass dir, Hl. Bischof Gellert, bald ein weiterer himmlischer Kollege zur Seite gestellt wird, dafür schicke ich mein Stoßgebet zum Himmel: St. Gellert, hilf!



3 Kommentare:

  1. Alles was recht ist, dieser Artikel imponiert mir. Das kann ich besser verstehen als die Suche nach jemandem, der/die geheilt wurde. Ich finde, SIE! sind die Person, die gefunden werden muss. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann war es JPII, der Sie zum Glauben und zur Nachfolge gebracht hat. Er ist also ein Heiliger: Laßt uns jubeln! Jetzt weiß ich, warum dieser Papst ein Heiliger unter uns war (wobei ich es bereits wußte, als ich sah, wie er sein Sterben angenommen hat!)

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  2. ich mag auch dieses video so sehr:

    http://www.gloria.tv/?media=28441

    lg
    Märilu

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  3. vielleicht könntest du mal an dieser stelle deine karfreitagpredigt verlinken, in der du auf die letzten tage des pontifikates eingegangen bist. in meiner seminaristenzeit wurde dieser papst eigentlich nur verhöhnt - vom regens bis hin zu den eitlen professoren. als er dann starb, haben wir die glocken geläutet. es kamen gegen 22.00 uhr einige gläubige in die kirche. hinter mir saß eine jugendliche, mit der ich nie gerechnet hätte, und hat geweint wie ein schlosshund. das werde ich nie vergessen.

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