Sonntag, 6. März 2011

Gänsehaut

Mit der Beharrlichkeit einer Dreizehnjährigen und der ebenso typischen Spontanität stand sie heute nachmittag vor mir: "Lass uns da hinfahren! Wir besuchen sie jetzt einfach, vielleicht ist sie ja da!" Wir Erwachsene sind skeptisch: Seid fast drei Jahren hat sich die einstige beste Freundin zurückgezogen und ist ihre eigenen Wege gegangen. Der Bruch war heftig: Von heute auf morgen, ohne Erklärung, ohne Abschied. Einfach weg. Mit dem Schulwechsel wurde quasie alles gewechselt, ein ganz neues Leben angefangen.

Die Dreizehnjährige hat sie aber nie aufgegeben. Wer gestern meine beste Freundin war, den kann ich doch heute nicht einfach vergessen. All die Jahre hinweg hat sie beharrlich immer wieder kleine Zeichen gesetzt: Hier eine Karte, da ein Brief - vergeblich. Und dennoch: Wo wir Erwachsene vielleicht schon längst den Staub von den Füßen geschüttelt, uns resigniert und frustriert zurückgezogen hätten, da hat die Dreizehnjährige den Glauben nicht verloren. Und so stand sie heute nachmittag mit ihrer spontanen Idee in der Küche. Alle skeptischen Einwände der Erwachsenen wurden abgebügelt. Wenn nicht heute, wann dann?

Wir sind also mit großem Herzklopfen hingefahren und wurden freundlich empfangen. Die Freundin war in ihrem Zimmer, kam nicht heraus. Aber die Dreizehnjährige klopfte schließlich zaghaft und ging hinein. Ein paar Minuten später kam sie heraus und mir blieb fast das Herz stehen. Später erzählte sie mir auf dem Nachhauseweg: Wir haben miteinander gesprochen, nur kurz, aber es war schön. Wir konnten uns in die Augen sehen, das war das Wichtigste.

Die Dreizehnjährige erwartet kein Wunder, aber sie glaubt fest daran, dass sie heute schon ein kleines Wunder erlebt hat. Dank ihres beharrlichen und zugleich sanften Auftretens, ihrer besonderen Weise, der Freundin zu zeigen: Ich habe dich nicht aufgegeben. Ob es weiter geht? Das bleibt offen. Aber dass man sich nach Jahren in die Augen geschaut hat, das ist zumindest heilsam.

Und ich denke auf der Rückfahrt plötzlich an Jesaja 49,15: "Ich vergesse dich nicht." Manchmal lernen wir wohl mehr von unseren Kindern als umgekehrt. Und manchmal ähnelt diese Dreizehnjährige so sehr ihrer Namenspatronin, der Hl. Elisabeth von Thüringen, dass ich eine Gänsehaut bekomme.

Alles in allem ein Dankgebet an den Himmel wert!



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