Freitag, 2. Dezember 2011

Gut geschult

Meine Adventszeit begann in diesem Jahr schon früher: Vorbereitung wurde ganz groß geschrieben, als ich mit vierzehn jungen Erwachsenen zusammen den Grundlehrgang zum Rettungssanitäter besuchen durfte. Es ging dabei natürlich weniger um die Vorbereitung auf Weihnachten, mehr aber um den Ernstfall. 

Ein Ausbilder stellte uns während des Kurses mit leicht sarkastischem Unterton eine rhetorische Frage: "Warum wollt ihr Rettungssanitäter werden? Klar, um Leben zu retten - habe ich auch mal gedacht!"

Es ist verständlich, dass man nach vielen Jahren im Rettungsdienst die Dinge klarer und auch realistischer sieht. Auch als Notfallseelsorger weiß man: Tote sehen nur im Fernsehen nett aus. Echte Notfälle zeigen sich meistens von ihrer unschönsten Seite. Idealismus und Realität prallen oft hart aufeinander.

Zumindest bei unseren Reanimationspuppen waren wir äußerst erfolgreich. Es ist zwar keine aufgestanden und hat uns dankbar die Hand geschüttelt, aber nach anfänglichen Fehlern kam nie die Rückmeldung: Patient verstorben. Dennoch weiß man, dass man genau das auch erleben wird. Nicht jeder Einsatz ist erfolgreich.

Und gerade deshalb habe ich soviel Respekt vor diesen jungen Menschen. Einige haben gerade Abitur gemacht, sind noch nicht einmal von zuhause ausgezogen. Zunächst konnte man meinen, dass ich da überhaupt nicht hingehöre: Doppelt so alt, verheiratet, Diakon. Das entspricht nicht dem Standard.
Aber wir haben uns gesucht und in sehr vielen Bereichen gefunden: Es ergaben sich sehr oft interessante, tiefgehende, lustige Situationen, in denen ich nie nur nur lernender Kursteilnehmer, sondern immer auch Diakon, Begleiter, manchmal auch so etwas wie der Kurspapi war. Es gab sehr viele persönliche Gespräche über Gott und die Welt, über Kirche, Glauben, Tod und Sterben, über Ehe und Partnerschaft, über Lebensform und Sexualität, über Erwachsenwerden, Retten, Helfen und Scheitern. Und zwischendrin immer wieder die (noch) unbeschwerte Leichtigkeit junger Erwachsener, Humor, Spontanität und Kreativität. Eine sehr lebendige und wohltuende Mischung.

Von vielen Seiten wurde mir bestätigt, dass dieser Kurs anders war. Da gab es den Diakon, der kurz vor der Prüfung segnete, der sich um einzelne kümmerte, hier motivierte, dort tröstete. Da gab im ganzen Kurs immer wieder den Blick auf die menschliche Seite: Nicht nur die der Patienten, sondern auch der jungen Leute, die diese Ausbildung machen. Ihnen gebührt sehr viel Respekt und Unterstützung, denn sie werden sich Situationen aussetzen, denen andere aus dem Weg gehen. Ihr Alltag wird nicht immer nur von Freude und Erfolg gekrönt sein. 

Am Ende haben wir alle bestanden. Ich bin dankbar, dass ich so manchen auf diesem Weg begleiten durfte und auch selber begleitet wurde. Neben all den Techniken, all dem medizinischen Wissen, das wir uns angeeignet haben, haben wir vor allem auch voneinander gelernt. 

Am Schluss habe ich mir aufgrund meines Alters das Privileg herausgenommen, das Wort zu ergreifen und allen zu danken: den Ausbildern für die Geduld und Mühe, den jungen Erwachsenen für die schöne Zeit. Viel  wichtiger als die Note auf dem Zeugnis ist am Ende der Zuspruch: Ich würde mich jederzeit von jedem von euch retten lassen. 

So kann ich diesen jungen Menschen nur wünschen, dass sie auf ihrem weiteren Weg immer mehr werden, was sie jetzt schon sind: ein Segen. 

Und damit der Segen auch im reichen Maße bleibt, zündet der Diakon eine Kerze an, wendet demütig den Blick zum Himmel und betet: Hl. Gerhard hilf!




2 Kommentare:

  1. Lieber Gerdiii :D
    DANKE für alles, das hast du wunderschön und sehr treffend geschrieben!!! Ohne unseren Kurspapi wärs echt nicht das selbe gewesen ;) Ich vermiss euch alle schon total, es hat wirklich Spaß gemacht mit euch allen!!!
    Danke!

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