Samstag, 17. Dezember 2011

Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn


Predigt zum Malteser-Gottesdienst
Advent 2011

Liebe Gemeinde, liebe Malteser,
seit knapp einem Jahr gibt es nun die Verknüpfung zwischen den Maltesern und unserer Gemeinde. Als ich an Silvester mit vielen Fragen in das neue Jahr blickte, da wurde mir schnell klar, dass 2011 ein Malteser-Jahr wird. Ein Jahr, in dem ich mich mehr und mehr mit Geschichte und lebendiger Gegenwart der Malteser auseinandersetzen musste. Nie hätte ich gedacht, dass daraus ein solches Abenteuer wird: Helfen ist spannend. Helfen erfordert auch aber, dass man sich auf den einlässt, dem man helfen soll und will. Ich habe im vergangenen Jahr die Malteser auf vielseitige Weise kennen lernen dürfen und durfte dabei immer wieder feststellen:
Wir Malteser leben eine einzigartige Mischung aus medizinischer Hilfe und spiritueller Zuwendung. Der Mensch steht im Mittelpunkt all unseres Handelns: Nie ist er einfach nur ein Unfallopfer, ein medizinischer Notfall. Immer ist er Patient, Mensch mit einer einzigartigen Identität, der von einem auf den anderen Augenblick plötzlich und unerwartet aus der Lebensbahn geworfen wird. Unser Ansatz ist immer ganzheitlich: Wir sehen den Menschen in seiner Not und auch die Not derer, die zu ihm gehören, mit ihm leiden oder gar um sein Leben bangen.

Dieser einzigartige Blick war schon immer der Grundpfeiler der Malteser: Für den Seligen Gerhard, den Gründer und Schutzpatron der Malteser war die Begegnung mit dem Kranken nichts anderes als die Begegnung mit Jesus Christus. Hospital und Kirche waren eins. Die Malteser im Jerusalemer Hospiz legten vor knapp 960 Jahren vor der Heiligen Messe goldbestickte Altartücher auf ihre Patienten. Auf diese Weise machten sie sich immer wieder gegenwärtig, dass der Patient, der kranke und leidende Mensch der Altar war: Hier begegnet uns Christus.
Jeder Mensch, besonders der notleidende Mensch ist unser Herr. Nicht umsonst ist der obsequium pauperum, der Dienst an den Kranken und Armen bis heute fest im Wahlspruch der Malteser verankert.

Im letzten Jahr haben wir in vielen Bereichen viel geleistet: Wir haben Menschen ausgebildet und oftmals waren sie darüber verblüfft, dass ihnen mit den Maltesern auch die Kirche in ganz neuem Licht erschien.
Wir haben Sanitätsdienste geleistet, wir haben geholfen, wir haben gerettet. Und wir haben uns fortgebildet, um noch besser helfen zu können. Vieles wurde geleistet, auf das wir dankbar zurückblicken können, gerade wenn wir bedenken, dass wir eine kleine Schar sind. Aber all unsere Leistung ist immer auch Dienst: Rettungs- und Hilfsdienst.

Ich selber durfte auf einer Fortbildung erleben, wie junge Erwachsene auf ihren Einsatz im Rettungsdienst vorbereitet wurden. Bei aller technischen Vorbereitung, bei allen Fähigkeiten, die wir uns antrainieren und dem vielen Fachwissen, das wir uns aneignen, so konnte ich doch auch feststellen: Ebenso wichtig ist die Sicht auf die menschliche Ebene. Der Blick auf sich selber und die Selbstvergewisserung, für wen und warum man in diesem Dienst unterwegs ist.

Liebe Schwestern und Brüder, der große jüdische Gelehrte Martin Buber überlieferte das folgende Erzählung:
In Rabbi Naftalis Stadt, pflegten die Reichen, deren Häuser einsam oder am Ende des Ortes lagen, Leute einzustellen, die nachts über ihren Besitz wachen sollten. Als Rabbi Naftali eines Abends spät am Rande des Waldes spazieren ging, der die Stadt säumte, begegnete er solch einem Wächter. „Für wen gehst Du?“, fragte der Rabbi ihn. Der Wächter antwortete, fügte aber die Gegenfrage daran: „Und für wen geht Ihr, Rabbi?“ Man sagt: Die Frage traf den Rabbi wie ein Pfeil.

Für wen gehst Du? Die Frage ist vielleicht beiläufig gestellt, die Antwort auf diese Frage ist jedoch geradezu von existentieller Bedeutung: Wenn wir tief in unserem Herzen wissen, in wessen Namen wir unterwegs sind, dann wissen wir, in wem wir uns festmachen, wer uns Kraft gibt und unserem Leben Sinn verleiht. Gerade auch dann, wenn unser Leben dunkel und schwer ist.

Für wen gehst du? In wessen Namen sind wir unterwegs, in wessen Auftrag helfen wir? Jeder Gottesdienst beginnt bereits in der Sakristei. Noch bevor die Glocke geläutet wird und der Einzug beginnt, vergewissern wir uns im Gebet: Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat.

Ist es denkbar, als Malteser so in den Einsatz zu fahren? Malteser ist man nie allein, auch das ist ein Motto, das uns in unserer Ausbildung immer wieder begegnet. Aber das bedeutet mehr als ein Team aus Fachleuten zu sein. Natürlich brauchen wir die helfende, die rettende, die stützende Hand an unserer Seite, den Kollegen/die Kollegin, mit dem/der wir blind zusammenarbeiten können. Aber auch im geistigen Sinne ist man Malteser nie allein, denn auch unser Dienst geschieht im Namen des Herrn.  Er selbst begleitet uns mit seinem Segen, stärkt uns in unseren vielfältigen Diensten den Rücken und gibt Kraft in unserer Schwäche.

Ich durfte erleben, wie gut es jungen Menschen tut, wenn man ihnen für ihren Dienst genau diese Zusage mit auf den Weg gibt: Du bist nicht allein. Du kannst ein Segen sein, weil du gesegnet bist: Gott ist an deiner Seite, auch und erst recht, wenn unsere Hilfe und unser Dienst nach menschlichen Maßstab erfolglos scheint.

Diesen Segen wünsche ich euch: Bei allem Menschlichen und manchmal auch allzu Menschlichen nicht das Himmlische zu vergessen und euch in eurem Beruf immer neu berufen zu lassen, in eurem Dienst immer neu in den Dienst nehmen lassen, durch den, in dessen Dienst wir alle stehen: Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat.

So begleite euch in eurem Dienst sein Segen, damit ihr ein Segen seid und immer wieder zum Segen werdet!

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